www.mondatlas.de: Version vom 24. April 2021
Martin Elsässer
Mit den unten vorgestellten Aufnahmen wurde der Mondsichel-Wettbewerb der Zeitschrift Interstellarum mit sehr deutlichem Vorsprung gewonnen. Nach deren Erkenntnissen gibt es keine anderen Aufnahmen, die auch nur annähernd so extreme Mondsicheln zeigen. Weltrekord!
Neumond war am Morgen des 15. Juni, um 05:13MESZ bei einem recht grossen Winkelabstand von 3.6° Kante/Kante. Den ganzen Tag über entfernte sich der Mond also weiter von der Sonne.
Die Konstellation von Mond und Sonne um 09:10.
Form und Grösse der Mondsichel, dargestellt mit Guide 8. Die Sichel ist offensichtlich extrem dünn.
Für die Beobachtung dieser extrem schmalen Sichel sind wir aus München weggefahren, um einerseits einer aus Westen anziehenden Schlechtwetterfront auszuweichen und andererseits einen ausreichend hohen Standort zu finden. Nach einigem Kartenstudium und zweifelndem Blick auf die Wetterlage fiel unsere Wahl auf das Stuhleck, fast den östlichsten "Berg" Österreichs, nicht weit vom bekannten Semmering.
Sonnenaufgang vom Stuhleck, blick nach NordOst über das Wiener Becken
Am Gipfel des Stuhleck, das noch mit dem Auto erreichbar ist (bei mehr als 150kg Ausrüstung recht praktisch) befindet sich auch ein Alpenvereinshaus, das Alois-Günther-Haus, wo wir Unterkunft und grosse Hilfsbereitschaft fanden. Wir kamen am Vorabend gegen 22:00 Uhr bei Nebel/Wolken an und haben dann nach wenigen Stunden Schlaf angefangen, noch in der Nacht die Montierung aufzubauen, um per Polsucher einnorden zu können. Das Wetter hatte wie erhofft aufgeklart und der Himmel zeigte sich zur Dämmerung sehr transparent.
Vor dem Alois-Günther-Haus
Wir haben unser Equipment direkt neben dem Alois-Günther-Hauses aufgebaut, wodurch wir einen gewissen Schutz vor dem böigen Westwind hatten und sogar auf 230V aus dem Haus zurückgreifen konnten. Hierfür nochmals unseren herzlichen Dank an die sehr hilfsbereite Belegschaft!
Die aufgebauten Gerätschaften neben dem Haus: ein 140mm Refraktor mit 800mm Brennweite mit zusätzlichem Blendenrohr und weiteren Filtern auf einer MAM50 Montierung. Als Kamera wurde eine Sigma 6303 benutzt. Die Kamerorientierung war entlang der äquatorialen Koordinatenachsen orientiert, rechts im Bild ist Westen, oben ist Norden.
Im Laufe der weiteren Beschäftigung mit dem Thema habe ich dann verstanden das sowohl diese Form der Blende als auch die benutzte Kamera SEHR ungünstig waren. Der sehr gute Himmel hat dennoch einen Erfolg ermöglicht.
Die eigentliche Beobachtung (also die Fotografie der Sichel) hat sich dann als recht schwierig erwiesen. Nach Sonnenaufgang mussten sich Sonne/Mond erst an Schleierwolken vorbeiarbeiten, bis der wirklich blaue Himmel erreicht war. Nun wurden kontinuierlich Bildserien aufgenommen, wobei sich in den Bildern recht starke Störungen und Einstrahlungen zeigten. Hier war die Blendenkonstruktion offensichtlich noch recht mangelhaft. Auch waren sehr viel Insekten unterwegs, die sich als Leuchtspuren auf den Bildern wiederfinden.
Im Westen war bereits die Wolkenfront zu erkennen, die dann gegen 11:30 auch den Himmel über dem Stuhleck erreichte und die Beobachtung beendete. Aufgebrochen sind wir dann gegen 13:00, wobei wir auch schon die ersten Regentropfen spürten. Wettermässig war es also eine Punktlandung.
Die Bearbeitung der Bilder erwies sich dann als sehr mühselig, da ein extremer Helligkeitsgradient in den Bildern enthalten war. Fast jedes Bild war mit Spuren von fliegenden Insekten verziert. Auch zeigten sich sehr eigenartige Strukturen, die wie der partielle Abdruck einer klassischen Colaflasche aussehen. Hier vermute ich auch Lichtlecks/Reflektionen im Blendenrohr als Ursache.
Am sinnvollsten war es dann, die Bilder aus den Serien alle identisch zu bearbeiten und als Video schnell abzuspielen. Dabei konnte dann die hauchdünne Sichel gefunden werden, in einer Serie, die 2.7 Stunden nach (geozentrischem) Neumond beginnt!
Durch spezifisch für diese Aufgabe geschriebene Programme konnten die Bilder der einzelnen Serien trotz der Drift des kaum sichtbaren und damit nicht zentrierfähigen Motivs addiert werden. Dazu wurde von aussen eine Drift auf die Bilder aufgeprägt und durch systematisches Ausprobieren die besten Parameter dieser Drift gefunden.
Ein typisches Einzelbild aus den Serien, hier um ein Drittel verkleinert. Es wurde schon stark bearbeitet, um starke Helligkeitsgradienten zu entfernen. Wir sehen Staubschatten, Insektenspuren, Artefakte der Shutterbewegung, Gradienten vom Himmel und aus dem Blendensystem und DIE MONDSICHEL, rechts unterhalb des mittleren "Colaflaschen-Abdrucks".
Hier ein Video der Mondsichel (5MB!) aus den Bildern einer frühen Serie, bei der die extreme Sichel erkennbar ist, 4 Stunden nach Neumond!
Ein Ausschnitt aus einem einzelnen Bild, auf dem die Mondsichel halbwegs zu erahnen ist. Ja, sie ist findbar. Wirklich. Das Bild entstand um 09:10, also weniger als 4 Stunden nach Neumond.
Ein Summenbild von 51 Aufnahmen der siebten aufgenommenen Serie, die zwischen 10:07 und 10:24 enstanden, im Schnitt also 5h nach Neumond. Die summierten Einzelbilder wurden mit Flats stark bearbeitet, um den stark ungleichmässigen Hintergrund zu entfernen. Die Addition wurde dann mit einem speziell entwickelten Programm gemacht, wodurch die optimalen Drift-parameter gefunden wurden konnten.
Ein Summenbild von 84 Aufnahmen aus der fuenften aufgenommenen Serie, die weniger als 4 Stunden nach Neumond beginnt. Die Mitte der Serie liegt bei 09:24, also 4Stunden 11Minuten nach Neumond.
Ein Summenbild aus 14 Aufnahmen aus der vierten aufgenommenen Serie, die zwischen 08:35 und 08:45 entstanden ist. Die Mitte der Serie liegt also 3Stunden 27Minuten nach (geozentrischem) Neumond.
Hier das Video der 3.5h Mondsichel (3MB!) aus den Bildern dieser Serie. Die Sichel ist als driftende Struktur erkennbar.
Bei der Bearbeitung dieser Serie wurde zuerst ein Mittelwert aller Bilder als Flat erzeugt und angewandt. Danach erst wurden die AutoFlats erstellt und angewandt. Durch die beiden Flats wurden auch die statischen Strukturen recht gut entfernt.
Ein Summenbild aus den letzten 21 Aufnahmen der dritten aufgenommenen Serie, die zwischen 07:47 und 08:01 entstanden sind. Die zeitliche Mitte dieser Serie liegt also 2Stunden 41Minuten nach (geozentrischem) Neumond. Der Mond hatte eine Elongation von 4.75° von der Sonne. Damit wurde das sog. "Danjon-Limit" für die Sichtbarkeit der Mondsichel quasi pulverisiert.
Mit diesem Bild wurde der Mondsichelwettbewerb mit deutlichem Vorsprung gewonnen.
Hier das Video der 2.7h Mondsichel (5MB!) aus den letzen 21 Bildern dieser Serie. Die Sichel ist als in der Mitte nach links-oben driftende Struktur erkennbar.
Bearbeitung der Mondsichelbilder
How 2 capture extreme lunar crescent images
Processing of lunar crescent images