Deep Sky Aufnahmen mit einer WebCam

Version vom 8. März 2002, Martin Elsässer

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WebCams können nicht nur für den Mond, sondern auch für DeepSky-Aufnahmen genutzt werden. Da die möglichen Belichtungszeiten von WebCams aber recht kurz sind, müssen viele Aufnahmen gemacht und addiert werden, um schwächere Sterne sichtbar zu machen. (Es gibt allerdings auch Möglichkeiten, die interne Elektronik vorhandener WebCams so umzubauen, daß längere Belichtungszeiten von vielen Sekunden möglich werden. Siehe hierzu auch die Newsgroup QCUIAG.) Die WebCam wurde hierbei hinter verschiedenen Optiken, vom 50mm Photo-Objektiv bis zum 10Zoll Refraktor der Volkssternwarte München eingesetzt (ohne Infrarotfilter, da ich kein Licht verschwenden wollte).
Die ersten ernsthaften Versuche mit DeepSky Aufnahmen wurden mit der Philips ToUCam bei sehr günstigen, aber recht frischen Temperaturen von -10°C gemacht.

Aufnahmevorgang

Typischerweise werden einige hundert einzelne Aufnahmen gemacht (Kamera-Bildrate 5 Bilder/Sekunde, Einzelbilder alle 0.7 Sekunden, mit motorischer Nachführung auf das Objekt) und danach addiert. Von dem Summenbild wird noch ein zeitnah aufgenommenes Dunkelbild abgezogen, das wiederum eine Summe aus mehreren Dutzend einzelnen Aufnahmen bei abgedeckter Optik ist. Das so entstehende Dunkelbild ist bei den Aussentemperaturen allerdings völlig gleichmäßig, keine "heissen" Pixel sind mehr sichtbar, das thermische Rauschen stark reduziert. (Bei Raumtemperatur sieht das ganz anders aus.) Immer noch ist aber, je nach Kameraeinstellungen wie Verstärkung und Kontrast ein ggf. starkes Rauschen vorhanden. Dieses ist aber sehr gleichmäßig und verschwindet damit durch die Addition der Bilder.

Summierung und Bearbeitung

Die einzelnen Aufnahmen werden nachfolgend, zB mit Giotto addiert, wobei jeweils das Dunkelbild abgezogen wird. Da das Motiv durch Nachführfehler und Luftunruhe im Gesichtsfeld wandert, müssen die einzelnen Bilder bei der Addition aufeinander zentriert werden. Dazu ist es sehr hilfreich, wenn sich ein ausreichend heller Zentrierstern im Gesichtsfeld befindet, der schon in den Rohbildern gut zu sehen ist, dann kann die Zentrierung leicht mit der Kreuzkorrelations-Option des Giotto geschehen. Leider hatte ich schon Situationen, wo das Giotto mit schwachen Zentriersternen nicht mehr zurecht kam. Deshalb habe ich mir eigene Software für die Addition und Bearbeitung der Bilder geschrieben.
Im Summenbild ist durch die Addition ein sehr großer Kontrast (=starke Helligkeitsunterschiede) enthalten, der für die Darstellung mit der begrenzten Dynamik (=der Fähigkeit, Kontraste wiederzugeben) des Monitors reduziert werden muß. Vorher sollte allerdings das Summenbild, in dem ja die volle Information enthalten ist, gespeichert werden, sinnvollerweise im astronomie-universellen FITS Format, daß im Gegensatz zu JPEG, GIF oder BMP, die Helligkeitsunterschiede (durch die höhere Bit-tiefe) auch aufnehmen kann. (Die vielen Bits enthalten sicherlich auch noch sehr viel Rauschen...)
Bei der Anpassung der Kontrastes im Giotto muß man sich ein bischen spielen, ich habe einen GammaWert von ca 0.5 und ein Histogramm-Equalizing von 99.6% genutzt. Hier wird sicher je nach Motiv und Zielsetzung variiert werden. Mit den eigenen Programmen kann ich mittlerweile noch direkter einstellen wo ich jeweils die kleinen bzw. großen Helligkeitswerte abschneiden will, um die entsprechenden Details hervorzuheben. Kommandzeilenherrlichkeit.

Erste Ergebnisse

Zuerst habe ich mich am Andromeda-Nebel versucht, der zu dieser Jahrszeit sehr schön zenitnah steht. Benutzt wurde ein vorhandenes 50mm Photo-Objektiv (abgeschattet auf ca Blende 2.4), das Wetter war so gut, wie man es nur 10 Kilometer von München entfernt erwarten kann. Das Einstellen des Objekts war etwas mühsam, weil nur die hellsten Sterne im Live-Bild sichtbar waren (vielleicht bis 6mag) und natürlich kein paralleles Leitfernrohr oder sowas vorhanden war. Das Objekt selber war im LiveBild nur zu erahnen. So wurden denn ca. 2000 Aufnahmen gemacht (entspricht ca 80 Sekunden Belichtungszeit), addiert und bearbeitet. Dunkelbilder wurden nicht benutzt.
Bearbeitetes Summenbild von M31: Trotz der Streifen im Bild (die der Driftrichtung der Nachführung entsprechen!?) sind noch Sterne bis ca 10.7mag zu erkennen. Eines der ca 2000 Rohbilder, der Kern von M31 ist als schwacher Fleck sichtbar, bis auf den Stern mit 4.5mag ist sonst fast alles Rauschen aus der Kameraelektronik.

Nach diesem ersten, recht ermutigenden Ergebnis habe ich an der Volkssternwarte München den 10 Zoll Refraktor genutzt, um das ganze mal mit mehr Öffnung zu versuchen. Hier habe ich ca 800 Aufnahmen von M67, einem offenen Sternhaufen im Krebs gemacht, wieder mit eigenem Dunkelbild und Bearbeitung durch Giotto.

Die schwächsten Sterne im Bild haben zwischen 14.5mag und 15mag. Genauer kann ich es leider nicht sagen, da bei diesen Helligkeiten die Werte aus dem Hubble-Guide-Star-Catalog schon recht ungenau sind. In diesem Datensatz sind dann leider auch einige Sterne des Sternhaufens nicht mehr vorhanden. Im LiveBild sind noch Sterne mit ca 10.5mag zu erkennen.

Zweite Ergebnisse

Nach dem 11.1.2001 konnten weitere Aufnahmen am 10 Zoll Refraktor der VSW gemacht werden, diesmal mit einer 0.7-fach Shapleylinse. Die Aufnahmen entstanden, während die SkyBeamer des Kunstpark-Ost den Himmel erleuchteten. Der Bildeindruck ist durch die hellen, reich strukturierten Bildhintergründe noch nicht so toll, aber die Details sind schon interessant.

Kerngebiets des Orionnebels am 10Zoll Refraktor: Strukturen und schwache Sterne Aufnahme des OrionNebels mit einem 70/400 Refraktor und ShapleyLinse, ohne Anwendung von Dunkelbildern, guter Landhimmel


Der Eskimonebel, NGC2392 in den Zwillingen, Summe aus ca 1200 Aufnahmen am 10 Zoll Refraktor NGC2392, Summe aus ca 5000 Aufnahmen, mit Anwendung von Dunkelbildern NGC2392, die gleichen Rohdaten wie links, aber OHNE Nutzung des Dunkelbildes, Streifen aus dem Eigensignal des Chips, deutlicher Grünstich durch fehlerhaften Weissabgleich

Bei derartig kleinen Motiven ist sinnvoll, während der Belichtung das Motiv auf dem Chip zu verschieben, um dadurch über verschiedenen Bereiche des Sensors zu mitteln. Dies kann zB durch einen definierten Drift der Nachführung erreicht werden. Auch mit Hellbildern sollte ich mich mal versuchen, deren Gewinnung aber nicht ganz einfach ist. Die sind wohl nicht sinnvoll wiederverwendbar, wenn sich die Kameraeinstellungen ändern.

Bei so kleinen Motiven kann die Auflösung der Bilder reduziert werden (355x288) und damit auch die Bildrate und damit Zeiteffizienz. Bei 355x288 oder kleiner mache ich alle 0.4 Sekunden ein Einzelbild.



M13 und NGC6207, Summe aus 3100 Aufnahmen durch ein Sucherobjektiv mit 50mm Durchmesser M13, Summe aus 1120 Aufnahmen durch einen Photo-Objektiv mit 50mm Brennweite, Blende 2

Aufnahmen mit 2x2 und 4x4 Binning

Im Artikel über die Auflösungen und Bildausschnitte der ToUCam werden die verschiedenen Auflösungen der ToUCam demonstriert. Hier wurden erste DeepSky-Tests mit den verschiedenen Auflösungen der ToUCam gemacht.

3250 Bilder des Orionnebels mit 2x2 Binning und Dunkelbild wurden addiert, Rotes Licht (H-alpha) wurde durch den Weisabgleich stark betont. Es sind die gleichen Details sichtbar, wie auf der obigen 640x480 Aufnahme, die Belichtungsumstände sind aber nicht ganz vergleichbar. Der Bildeindruck ist nicht schlechter.
Summe aus 2733 Bildern des Orionnebels mit 4x4 Binning und Dunkelbild. Die meisten Details sind wie oben sichtbar, 160x120 ist aber schon ziemlich mickrig.
4300 Bilder von M82 mit 2x2 Binning und Dunkelbild. Einige Details sind sichtbar, in der Großstadt geht es aber wohl nicht besser, obwohl M82 schon fast die flächenhellste Galaxie am Himmel ist.

Fazit

Mit WebCams eröffnen sich auch für DeepSky Aufnahmen interessante Perspektiven: bei den erreichten Sternhelligkeiten kann ich Pluto und Hunderte von Kleinplaneten finden und auf ihrer Bahn verfolgen. Nachführfehler sind weniger relevant, da ja von Bild zu Bild neu zentriert wird. (Dazu muß aber ein ausreichend heller Stern im recht kleinen Gesichtsfeld der Kamera vorhanden sein. Daran sind bisher meine Versuche mit NGC 7662 gescheitert.) Während der Aufnahme muß die Nachführung nicht permanent überbewacht werden, sondern man kann selber beobachten oder zumindest neben dem Notebook in der warmen Stube sitzen.

Der klare Nachteil gegenüber DigiCams und den astronomischen CCD Kameras ist die schlechte Belichtungs-Zeiteffizienz des Verfahrens: Alle 0.7 Sekunden (bzw 0.4 Sekunden bei reduzierter Auflösung) entsteht eine Aufnahme mit 1/25 Sekunden Belichtungzeit (schneller kann mein Notebook und der USB-Bus wohl nicht) und dann kommt noch die Zeit für die Nachbearbeitung hinzu. Das ist eine Verschwendung von ca 94% der Fernrohr-Beobachtungszeit. Das Verfahren wird wohl nie so schwache Helligkeiten erreichen können, wie das mit den echten CCD-Kameras einfach möglich ist. Aber dafür hat man sich viel Geld gespart.
Wenn man die Rohbilder und die Ergebnisbilder vergleicht, kann man wieder stolz darauf sein, einen riesigen "Misthaufen" angelegt und noch was sinnvolles daraus gemacht zu haben.
Leider haben sich mitllerweile erste Grenzen dieser Technik gezeigt: Wenn kein heller Zentrierstern im Gesichtsfeld ist kann auch die Nachführungsdrift nicht korrigiert werden. Schwache Flächenhelligkeiten sind, zumindest aus der Großstadtlage, wohl nicht machbar. Aber für fast kein Geld ist eben doch schon einiges möglich.

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